Auf der ersten Plenarsitzung im Juli wurde Ursula von der Leyen mit 401 von 720 Stimmen als Präsidentin der Europäischen Kommission wiedergewählt. Das Ergebnis zeigt eine breite Unterstützung aller pro-europäischen Fraktionen. Anders als bei ihrer ersten Wahl erhielt sie diesmal auch die Stimmen der deutschen Sozialdemokrat:innen, darunter die von Jens Geier. Warum hat sich die SPD diesmal für sie entschieden?
Der massive Rechtsruck und die neue Realität im Europaparlament
In der aktuellen Legislaturperiode sind die politischen Mehrheitsverhältnisse im Europaparlament komplizierter geworden. Die progressive Mehrheit, die in der letzten Wahlperiode noch möglich war, existiert nicht mehr. Stattdessen gibt es einen deutlichen Rechtsruck. Rund ein Viertel der Abgeordneten im neuen Parlament vertritt ausgewiesen europakritische oder sogar anti-europäische Positionen. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagt Jens Geier, „Erstens müssen Demokrat:innen und Pro-Europäer:innen enger zusammenrücken, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Wir wollen gemeinsam ein starkes, demokratisches Bündnis schmieden, weil wir das für richtig und wichtig halten: eine pro-europäische Mehrheit für ein pro-europäisches Programm.“ Und weiter:“Zweitens haben wir 2019 unseren Wähler:innen versprochen, nur eine:n Spitzenkandidat:in der europäischen Parteienbündnisse zur Präsidentin der Europäischen Kommission zu wählen. Das war Frau von der Leyen nicht. 2024 schon.“
Die Entscheidung der SPD-Abgeordneten, Ursula von der Leyen diesmal zu unterstützen, ist Ausdruck des Willens die EU, und ihre Institutionen und die gemeinsame Politik zu verteidigen und zu stärken. Doch die Zustimmung der Sozialdemokrat:innen war kein Blankocheck – es gab klare Bedingungen für die SPD-Stimmen.
Klare Erwartungen an die neue Kommission
Die sozialdemokratischen Abgeordneten erwarten von Ursula von der Leyen und der neuen Kommission konkrete Initiativen in den zentralen Handlungsfeldern der EU. Einer dieser Bereiche sind die sozialen Rechte. So muss die EU rechtliche Hürden abbauen, die den sozialen Wohnungsbau in vielen Mitgliedstaaten behindern, und mehr Mittel bei der Europäischen Investitionsbank für Maßnahmen gegen Wohnungsmangel freigeben. „Wir erwarten von der Kommission, dass sie endlich die Interessen von Arbeitnehmer:innen stärker in den Fokus nimmt“, betont Jens. Zum Beispiel in der Fleischindustrie, wo es zu unhaltbaren Zuständen durch Subunternehmer:innen kommt, muss es klare EU-Regelungen geben, um Ausbeutung zu verhindern.
Ein weiteres großes Thema ist der Klimaschutz. Ursula von der Leyen hat in ihrer ersten Amtszeit den Europäischen Green Deal auf den Weg gebracht – den Plan, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. „Das ist ein großer Erfolg“, sagt Jens, „aber wir sind noch lange nicht fertig. Ursula von der Leyen muss diesen Weg jetzt gemeinsam mit uns weitergehen.“