Europäische Stahlindustrie unter Druck – Warum eine Antidumping-Initiative jetzt überfällig ist

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Schwere Zeiten für die europäische Stahlindustrie: Steigende Energiepreise, unfaire Handelspraktiken und unzureichende Schutzmechanismen der EU setzen die Branche massiv unter Druck. Während Billigimporte aus Drittstaaten den Markt überschwemmen, kämpfen europäische Stahlwerke um ihre Zukunft.

In den letzten zehn Jahren ist die Stahlproduktion in der EU um 24 % zurückgegangen, während die Einfuhren aus Ländern wie China, Indien und der Türkei allein zwischen 2013 und 2017 um insgesamt 68 % gestiegen sind. In Deutschland hängen 85.000 direkte Arbeitsplätze an der Stahlproduktion, europaweit sind es über 320.000 – und das sind nur die direkten Beschäftigten. Zulieferbetriebe, Forschungseinrichtungen und nachgelagerte Industrien sind ebenfalls massiv betroffen.

„Wir dürfen die europäische Stahlindustrie jetzt nicht allein lassen. Wir brauchen klare Maßnahmen gegen Dumping-Stahl, sonst stehen bald noch mehr Werke in Europa still“, warnt Jens Geier.

Unfairer Wettbewerb und Billigimporte bedrohen Europas Stahlsektor

  • Massive Überkapazitäten in Drittstaaten

China produziert jährlich über 1 Milliarde Tonnen Stahl – mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion. Große Mengen dieses Stahls landen in Europa, oft zu Preisen, die sogar unter den Produktionskosten liegen.

  • Dumping durch Subventionen und staatliche Eingriffe

China, Indonesien, Taiwan und etliche andere Länder stützen ihre Stahlindustrie durch milliardenschwere Subventionen. In der Türkei erhalten Stahlunternehmen nicht nur direkte Zuschüsse, sondern auch Steuererleichterungen und vergünstigte Kredite. Gleichzeitig profitieren sie von günstigen Strompreisen – türkische Produzenten zahlen bis zu 70 % weniger für Energie als ihre Konkurrenten in der EU.

  • Schlechtere Arbeits- und Umweltstandards als Wettbewerbsvorteil

In Ländern wie Indien und China  sind die Arbeitsbedingungen oft prekär. Fehlende Arbeitsschutzmaßnahmen, fehlende gewerkschaftliche Vertretung und niedrige Löhne senken die Produktionskosten drastisch. Während europäische Stahlunternehmen hohe Umweltstandards erfüllen müssen, wird in vielen Drittstaaten ohne strenge Umweltauflagen produziert – die Klimabilanz dieses Stahls ist verheerend.

„Es kann nicht sein, dass europäische Stahlwerke schließen, weil wir unsere Märkte nicht ausreichend gegen unfairen Wettbewerb verteidigen“, sagt Jens.

Die Forderungen der Europa-SPD: Ein Schutzschirm für die Stahlindustrie

1. Handelsverteidigungsinstrumente verschärfen

Die EU muss Antidumping-Maßnahmen ausweiten. Die Antidumpingzölle auf chinesischen Edelstahl von derzeit 23 % müssen überprüft und an die aktuellen Marktbedingungen angepasst werden. Die Überwachung von Stahlimporten aus Drittstaaten muss verstärkt werden, um Umgehungsgeschäfte zu verhindern.

2. Einführung eines Industriestrompreises für energieintensive Branchen

Europäische Stahlwerke zahlen 3- bis 4-mal höhere Strompreise als ihre chinesischen Konkurrenten. Ein subventionierter Industriestrompreis könnte dazu beitragen, dass energieintensive Produktion in Europa wettbewerbsfähig bleibt.

3. Förderung klimafreundlicher Produktion mit grünem Wasserstoff

Die Europäische Union muss Beihilfen für den Bau von Direktreduktionsanlagen und Wasserstoff-Infrastruktur genehmigen, um eine nachhaltige Stahlproduktion zu ermöglichen. Ohne massive staatliche Förderung bleibt klimaneutraler Stahl unwirtschaftlich – und Europa droht, seine Vorreiterrolle in der nachhaltigen Industrie zu verlieren.

4. CO2-Grenzausgleichsmaßnahmen (CBAM) konsequent umsetzen

Importierter Stahl muss den gleichen Umweltstandards unterliegen wie europäischer Stahl. Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU (CBAM) darf nicht durch Ausnahmen oder Verzögerungen verwässert werden.

Fazit: Die EU muss jetzt handeln

Ohne entschlossene Schutzmaßnahmen kann die europäische Stahlindustrie den unfairen Wettbewerb mit Dumping-Stahl kaum überleben. Es braucht einen Mix aus kurzfristigem Schutz und langfristigen Investitionen in klimafreundliche Technologien.

„Es reicht nicht, auf den Markt zu vertrauen, wenn unsere Konkurrenten mit unfairen Mitteln spielen. Wir brauchen einen Schutzschirm für Stahl und zwar besser heute als Morgen“, fordert Jens.

Die Sozialdemokrat:innen im Europaparlament drängen deshalb darauf, dass die EU-Kommission den zugesagten Stahl-Aktionsplan so schnell wie möglich vorlegt, denn für die europäische Stahlindustrie wird die Zeit knapp.

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