Kaum ein Produkt kommt heutzutage ohne Zulieferer aus, die Rohstoffe oder Einzelteile zum Endprodukt beisteuern. Viele Arbeitsschritte dieser Lieferkette finden im globalen Süden statt und das oft unter menschenunwürdigen Bedingungen und mit massiven Schäden für die Umwelt. Die Probleme sind seit langem bekannt – auch freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie brachten über viele Jahre hinweg kaum eine Besserung. Die EU will mit dem ersten europäischen Lieferkettengesetz jetzt wirkungsvoll dafür sorgen, dass große Unternehmen Kinder- und Zwangsarbeit, die Rodung von Wäldern und die Vernichtung von Artenvielfalt in ihren internationalen Lieferketten verhindern. Bei Verstößen drohen jetzt Haftungsstrafen. Doch die FDP blockiert die neue Richtlinie und will sie in der letzten Minute noch zu Fall bringen. Wir schauen uns die Begründungen der FDP an und machen den Faktencheck:
FDP-Behauptung: Die Lieferkettenrichtlinie belastet kleine und mittlere Unternehmen besonders hoch
Fakten: Das Deutsche Handelsgesetzbuch definiert „Mittelstand“ genau wie die Europäische Union: Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden und bis zu 40 Millionen Euro Umsatz.
Für wen gilt das Lieferkettengesetz? Für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen. Nur wenn Unternehmen in „Risiko-Sektoren“ wie der Textilindustrie, der Landwirtschaft oder der Gewinnung von Bodenschätzen tätig sind, dann gilt für sie die Grenze von 250 Mitarbeitenden und 40 Millionen Umsatz.
Faktencheck: Falschbehauptung!
FDP-Behauptung: Die Lieferkettenrichtlinie stranguliert die gesamte deutsche Wirtschaft
Fakten: Das Statistische Bundesamt meldet 2022 für insgesamt 3.435.478 Unternehmen in Deutschland, davon 17.045 mit mehr als 250 Mitarbeitenden. Das EU-Lieferkettengesetz gilt also ohnehin nur für einen kleinen Bereich der deutschen Wirtschaft, nämlich 0,49615 % aller deutschen Unternehmen – und keineswegs für alle deutschen Unternehmen.
Faktencheck: Falschbehauptung!
FDP-Behauptung: Die Lieferkettenrichtlinie ist nicht praxistauglich
Fakten: Die Lieferkettenrichtlinie legt den Unternehmen eine Bemühens- und keine Erfolgspflicht auf. Unternehmen sind damit verpflichtet, alle zumutbaren und verhältnismäßigen Maßnahmen einzuführen, die Menschenrechtsverstöße und Umweltschäden verringern – klassisches Risikomanagement. Dasselbe verlangt auch das bestehende deutsche Lieferkettengesetz. Wenn trotz aller Vorsorgemaßnahmen Verstöße stattfinden, haften Unternehmen nicht, denn sie haben ja Vorsorgemaßnahmen getroffen. Das EU-Lieferkettengesetz ist genauso praxistauglich wie das bestehende deutsche Lieferkettengesetz, denn es verlangt deutschen Unternehmen dasselbe ab.
Faktencheck: Falschbehauptung!
FDP-Behauptung: Das EU-Lieferkettengesetz verlangt Änderungen von deutschen Unternehmen, die nicht zumutbar sind
Fakten: Rund 2/3 der großen Unternehmen in Deutschland erfüllen heute schon etliche der Anforderungen. Sie würden sogar davon profitieren, wenn gleiche Spielregeln in ganz Europa gelten und schwarze Schafe die rote Karte bekommen. Die europäische Lieferkettenrichtlinie schafft, was die deutsche Regelung nicht kann: Endlich Wettbewerbsgleichheit für alle Unternehmen auf dem europäischen Markt! Deshalb haben sich etliche deutsche Unternehmen für die Lieferketten-Richtlinie ausgesprochen.
Faktencheck: Falschbehauptung!
Jens Geiers ausführliche Stellungnahme zur FDP und der Lieferketten-Richtlinie findet ihr hier
https://www.youtube.com/watch?v=0d2hipisKgM