Rund 28 Millionen Menschen in Europa leben von „Plattformarbeit“. Sie arbeiten als Essenslieferant:in, Babysitter, Reinigungskraft, Taxifahrender oder in der Dateneingabe und sind nur einen Mausklick entfernt. Kund:innen und Konsumierende können über verschiedene Appmodelle auf ihre Dienstleistungen zugreifen. Die meisten dieser „Gig-Arbeiter:innen“ sind formal selbständig, obwohl sie viele Kriterien für eine angestellte Beschäftigung erfüllen. Meist können sie nicht frei darüber entscheiden, wieviel sie verdienen, wann und in welchem Umfang sie arbeiten, Aufträge nicht ablehnen oder weitergeben oder müssen ihre Arbeit in einer bestimmten Art erfüllen.
Trotzdem definieren sich Plattformbetreiber:innen meist nur als Vermittler:innen und nicht als Arbeitgeber:innen. Für sie ist es ein gutes Geschäft, denn auf diese Weise kassieren sie Provisionen, ohne dass sie zur Zahlung von Sozialabgaben oder Krankenkassenbeiträgen verpflichtet sind. Die Arbeitsbedingungen der Plattformarbeiter:innen hingegen fallen hinter alle Standards zurück. Viele von ihnen, insbesondere Fahrer:innen oder Lieferdienste, müssen viele Stunden zu niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten. Sie haben keinen Anspruch auf Mindestlohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub oder Mutterschutz, denn das ist angestellten Beschäftigten vorbehalten.
Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit soll Scheinselbständigkeiten endlich einen Riegel vorschieben und Beschäftigten von Online-Plattformen eine angemessene soziale Absicherung garantieren. Kern ist eine Überprüfung des Beschäftigtenstatus und eine Beweislastumkehr. Wenn bestimmte Indizien erfüllt sind, müssen Anbieter:innen nun nachweisen, dass keine Scheinselbständigkeit vorliegt.
Im März wurde die neue Richtlinie von den Mitgliedstaaten im Rat gebilligt. Doch bis dahin war es ein langer und steiniger Weg. Bereits im Herbst 2021 hatte die Kommission einen Vorschlag für die Richtlinie vorgelegt. Zwei Jahre dauerten die anschließenden Verhandlungen von Parlament und Rat, bis ein Kompromiss erzielt wurde. Anschließend fehlte nur noch die formale Zustimmung im Ministerrat – doch es fand sich keine Mehrheit und die Verhandlungen mussten von vorn beginnen. Im zweiten Anlauf hat es dann gereicht: 25 Mitgliedstaaten stimmten dafür, Frankreich dagegen und Deutschland enthielt sich. Zwar war die Zustimmung zur Plattform-Richtlinie ausdrücklich im Koalitionsvertrag festgehalten worden, doch weil FDP ihre Meinung änderte, wurde der Richtlinie die Zustimmung verweigert.
„Die Plattformanbieter haben mit voller Wucht und sehr viel Aufwand Lobbyarbeit betrieben. Trotzdem konnten sie den Beschluss der Richtlinie nicht verhindern. Das ist ein wichtiges Signal! Die neuen Regeln sichern Millionen Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen, mehr Geld und eine soziale Absicherung zu. Endlich!“, freut sich Jens Geier.

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