Sechs Treibhausgase gibt es, doch vor allem zwei treiben den Klimawandel an: Kohlendioxid und Methan. Die brennbare Kohlenwasserstoffverbindung Methan ist dabei allein für rund ein Drittel der Erderwärmung verantwortlich und deutlich aggressiver als Kohlendioxid. Über einen Zeitraum von 20 Jahren richtet es 86-mal so viel Schaden an wie die gleiche Menge CO2. Doch beim Kampf gegen die Erderwärmung ging es bislang vor allem um Kohlendioxid. Das wird sich nun ändern.
Im Mai hat das Europaparlament mit einer breiten Mehrheit von 499 Ja-Stimmen, 73 Nein-Stimmen und 55 Enthaltungen seine Position zur Methanverordnung verabschiedet. Die EU will mit der Verordnung erstmalig europaweit Methanemissionen in der Energie-Industrie verhindern. „Damit setzen wir revolutionär neue Standards. Das ist ein wichtiger Start für mehr Klimaschutz“, sagt Jens Geier, der Schattenberichterstatter für die sozialdemokratische Fraktion. Die Verordnung nimmt Energiekonzerne in die Pflicht, den Methanausstoß bei der Förderung und auch beim Transport der fossilen Energiestoffe zu verhindern. Dazu gehört das Verbot routinemäßigen Ablassens und Abfackeln von Methan, die Verpflichtung der Energie-Industrie Pipelines und Ventile regelmäßig auf Lecks zu überprüfen und diese schnell zu reparieren und ein verbindliches Ziel für die Verringerung von Methan-Emissionen bis 2030.
Bahnbrechend ist auch, dass die neue Richtlinie nicht nur für innerhalb der EU erzeugtes Methan gilt, sondern auch für Importe von Gas, Öl und Kohle und das bereits ab 2026. Die Verordnung berücksichtigt die gesamte Transportkette, vom Bohrloch bzw. Bergwerk bis hin zum Verbrauch in der EU. „Wichtig war mir besonders, dass wir das Methan reduzieren ohne Betreibende, Behörden und Verbraucher:innen übermäßig zu belasten. Außerdem wollte ich die hier in Deutschland schon erzielten Fortschritte unbedingt mit aufnehmen. Dazu gehört zum Beispiel, dass in den alten Steinkohlerevieren im Ruhrgebiet und an der Saar das Grubengas abgesaugt und energetisch genutzt wird“, erläutert Jens. Wird die Verordnung konsequent umgesetzt, werden jährlich 400 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart- das entspricht rund zwei Dritteln der deutschen Treibhausgasemissionen.
Die konservative Fraktion im Europaparlament, der auch CDU und CSU angehören, hatte zusammen mit den Rechtsradikalen von „Identität und Demokratie“ im letzten Moment noch versucht, die Verordnung massiv zu entschärfen. Dies scheiterte. Zuvor hatten die Konservativen den breit angelegten Kompromiss der fünf größten Fraktionen noch mitgetragen.
Auch die Diskussion bei den Mitgliedstaaten war nicht einfach: Der Ministerrat hatte seine Position bereits im Dezember 2022 vorgelegt und dabei den Kommissionsvorschlag erheblich abgeändert und geschwächt. Investigative Recherchen der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ ergaben, dass die Änderungswünsche einiger Mitgliedstaaten fast wortwörtlich den Forderungen der Energiekonzerne entsprachen. Nach der Sommerpause wird das Europaparlament mit Rat und Kommission in die weiteren Verhandlungen gehen.