Konservative deregulieren Gentechnik in Europa – S&D-Fraktion erkämpft Schadensbegrenzung

Gentechnik war in Europa bislang streng reguliert, doch mit der sogenannten „neuen Gentechnik“ wird sich das in Zukunft ändern. Nach langer kontroverser Debatte im Europaparlament hat sich im Februar eine konservativ geführte Mehrheit durchgesetzt, die den Deregulierungsvorschlag der Kommission unterstützt. Den Sozialdemokrat:innen im Europaparlament gelang immerhin an einer entscheidenden Stelle Gegenwehr und die Wahrung der Verbraucher:innen-Interessen.

Gentechnik soll für weniger Pestizide in der Landwirtschaft sorgen – doch dieses Versprechen wird bislang äußerst selten eingelöst. Stattdessen steigt das Risiko für Mensch und Umwelt, denn bei gentechnisch veränderten Pflanzen können schädliche Mutationen entstehen, die bei natürlichen Züchtungen unwahrscheinlich sind. Außerdem droht eine Schädigung der Ökosysteme, denn die können sich nicht so schnell weiterentwickeln wie Pflanzen, die durch Gentechnik künstlich verändert wurden. Vorsicht ist also geboten. Die Europäische Union trug dem durch eine umfassende Risikoprüfung und das Prinzip der Rückverfolgbarkeit Rechnung. Genau dies wird nach dem Willen von Kommission und Konservativen nun für die sogenannte „neue Gentechnik“ abgeschafft.

Traditionell werden in der Gentechnik fremde Gene in eine Pflanze eingespeist. Bei der „neuen Gentechnik“ werden nun die eigenen Gene einer Pflanze künstlich verändert. Geschieht dies an nicht mehr als 20 Genen des Organismus, so werden diese gentechnisch veränderten Pflanzen in Zukunft wie natürliche Züchtungen behandelt.

Obendrein wollten Kommission und Konservative den europäischen Verbraucher:innen die Wahlfreiheit nehmen, denn auch die Kennzeichnungspflicht im Supermarkt sollte fallen.
Im Vorschlag der Kommission sollte nur noch das Saatgut gekennzeichnet werden, aber nicht mehr das daraus gezogene Obst und Gemüse und auch nicht die daraus weiterverarbeiteten Lebensmittel. Eine bewusste Entscheidung für oder gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel wäre für Käufer:innen damit kaum noch möglich gewesen. Doch den Sozialdemokrat:innen gelang es, wenigstens das zu verhindern und eine Kennzeichnungspflicht durchzusetzen.

Mit den durch konservative Stimmen gelockerten Regeln werden gentechnisch veränderte Produkte in Zukunft häufiger auf dem Teller landen, denn neue Pflanzen mit gentechnisch verändertem Erbgut sind schneller und einfacher zu erschaffen als traditionelle Züchtungen. Auch die ökologische Landwirtschaft droht mit der neuen Regelung ihren Schutzstatus zu verlieren. Der neue Gesetzentwurf muss nun noch mit den Mitgliedstaaten verhandelt werden, bevor er endgültig in Kraft tritt.

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