Europaweiter Schutz für Whistleblower

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Interne Hinweisgeber, neudeutsch Whistleblower genannt, haben in den letzten Jahren bei der Aufdeckung von Missständen oder gar Verbrechen eine zentrale Rolle gespielt. Nur dank ihnen konnten Finanzskandale wie Luxleaks und Panamapapers oder der Facebook-Datenskandal um Cambridge-Analytica ans Licht der Öffentlichkeit gelangen. Doch Hinweisgeber hatten es bislang schwer, denn sie mussten mit Repressalien rechnen, wenn sie rechtliche Verstöße meldeten – auch wenn dies im öffentlichen Interesse war. Wie zum Beispiel die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch, die die unzureichende Pflege und Betreuung alter und hilfebedürftiger Menschen bei ihrem Arbeitgeber durch eine Anzeige öffentlich machte, nachdem ihre Beschwerden bei Vorgesetzten erfolglos blieben, und daraufhin fristlos gekündigt wurde.

Auf Druck des Europaparlaments wurde 2019 eine neue EU-Richtlinie verabschiedet, die Schikanen und Repressalien einen Riegel vorschiebt und Hinweisgeber in Zukunft besser schützt. Die neue Richtlinie legt rechtliche Mindeststandards fest, an die sich alle Mitgliedstaaten halten müssen, egal ob es um Geldwäsche, Steuerbetrug, Wettbewerbsverzerrung, Manipulationen bei der öffentlichen Auftragsvergabe, Gefahren bei der nuklearen Sicherheit oder Verstöße gegen Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz geht. Sie führt Schutzmaßnahmen ein, damit Hinweisgeber nicht entlassen, herabgestuft, eingeschüchtert oder in anderer Weise angegriffen werden können.

Erstmals werden Hinweisgeber auch dann geschützt, wenn sie nicht in einem traditionellen Arbeitsverhältnis stehen, wie zum Beispiel Praktikantinnen und Praktikanten, ehemalige Angestellte oder Bewerberinnen und Bewerber. Auch Personen, die Hinweisgeber unterstützen, wie Kolleginnen und Kollegen, werden in den Schutz mit einbezogen.

Die Mitgliedstaaten müssen in Zukunft umfassende und unabhängige Informationen darüber, wie der Missstand gemeldet werden kann, kostenlose Beratung und einen Rechtsbeistand während des Verfahrens zur Verfügung stellen.

Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder 10 Millionen Umsatz, staatliche Verwaltungsstellen, regionale Verwaltungen und Dienststellen und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern müssen nun ein „Whistleblowing-System“ einrichten, an das sich Hinweisgeber bei Bedarf wenden können. Häufig ist es aber für Mitarbeiter schwierig, Verstöße ihrem Arbeitgeber direkt zu melden. Auf Druck des Parlaments können Hinweisgeber deshalb jetzt selbst entscheiden, welchen Meldekanal sie wählen: Es gibt keine Verpflichtung, die Whistleblower-Stellen des Arbeitgebers zu nutzen. Sie können sich auch an die neuen Meldestellen wenden, die jeder Mitgliedstaat nun einführen muss,oder auch direkt an die Öffentlichkeit, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Allgemeinheit droht oder der Whistleblower mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen muss. „Das war überfällig“, sagt Jens Geier. „Wer im öffentlichen Interesse handelt, muss geschützt werden und sich dieses Schutzes sicher sein können.“ Die Mitgliedstaaten haben nun 2 Jahre Zeit, die neue Richtlinie umzusetzen und in nationale Gesetze umzuwandeln.

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„Eine Europäerin für Europa“ – Katarina Barley als SPD-Spitzenkandidatin nominiert

Das SPD-Präsidium hat Katarina Barley heute in Berlin als Spitzenkandidatin für die Europawahl am Sonntag, 9. Juni 2024 nominiert.

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„Katarina Barley tritt als Europäerin für Europa an. Die Deutsch-Britin verfügt über große Erfahrung aus ihrer Zeit am Bundesverfassungsgericht, im Bundestag, als Bundesministerin mehrerer Ressorts und im Europäischen Parlament. Mit Katarina Barley, der Europa-SPD, den SPD-Minister*innen und dem Bundeskanzler können wir gemeinsam in Deutschland und auf europäischer Ebene eine soziale Politik durchsetzen, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger erleichtert.

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Rund 60 Kleidungsstücke pro Jahr kauft jede Konsument:in in Europa durchschnittlich. Mehr als doppelt so viel wie vor 15 Jahren. Zugleich wird Mode nur noch halb so lange getragen. Das hat System, denn die Modeindustrie schafft immer schnellere Trends und bringt immer mehr Kollektionen im Jahr heraus. Die Folge: Es wird mehr Kleidung hergestellt, als in der EU an den Mann und die Frau gebracht werden kann. Oft ist die schnelllebige Trend-Mode von geringer Qualität und wird unter Bedingungen produziert, die kaum die Grundbedürfnisse der Beschäftigten in den Textilfabriken deckt:

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Die anhaltend hohe Inflation belastet die Menschen in Europa. Doch für europäische Sozialgesetze wendet die Kommissionspräsidentin nur zwei Minuten ihrer einstündigen Rede auf. Soziale und finanzielle Erleichterung schaffen wir nicht mit einem Dutzend weiterer Konferenzen, Arbeitskreise und Räte, die die Kommissionspräsidentin jetzt in Aussicht stellt, sondern mit Gesetzesvorschlägen. Da gab es zu wenig Konkretes in dieser Aufzählung schöner Überschriften. Nötig wären etwa klare Ziele zur Eindämmung von Armut oder der weitere Einsatz für eine europäische Kindergrundsicherung.

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