Am 23. Juni stimmte der Europäische Rat einstimmig dafür, Ukraine und Moldau als EU-Beitrittskandidaten anzuerkennen. Nur rund vier Monate nachdem die beiden Staaten einen Aufnahmeantrag gestellt hatten, wurden sie von allen 27 EU-Mitgliedstaaten willkommen geheißen. Die außerordentlich frühe Aufnahme in den Kandidatenstatus soll den Menschen vor Ort Mutmachen.
„Die Ukraine gehört nach Europa und diese Perspektive muss deutlich werden. Das Land kämpft für europäische Werte und deshalb ist es richtig, ihm jetzt einen Weg in die Union aufzuzeigen“ erklärt Jens Geier.
Geänderter Bewerbungsprozess – gleiche Anforderungen
Aufgrund des russischen Angriffskriegs wurde der Bewerbungsprozess umgedreht: Bislang mussten mögliche Beitrittskandidaten einen Anforderungskatalog erfüllen, um den Kandidatenstatus zu erreichen. Direkt im Anschluss starteten dann die Verhandlungen über den Beitritt.
Im Fall von Moldau und Ukraine wird der Status vor der Erfüllung der Auflagen erteilt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Ukraine und Moldau einen „Rabatt“ erhalten. Die Beitrittsverhandlungen werden erst dann beginnen, wenn die Aufnahmekriterien uneingeschränkt erfüllt sind. Grundvoraussetzung sind eine stabile Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Außerdem müssen die Beitrittskandidaten nachweisen, dass sie das bestehende EU-Gemeinschaftsrecht umgesetzt haben. Dieser Prozess ist langwierig und wird voraussichtlich etliche Jahre dauern, denn auch im Fall von Ukraine und Moldau sind umfangreiche Reformen und Veränderungen der dort heute geltenden Gesetze notwendig.
Korruptionsbekämpfung wird große Herausforderung
Das betrifft vor allem die Bekämpfung von Korruption, insbesondere auf hoher Ebene. Denn trotz großer Reformanstrengungen erreichte die Ukraine vor dem Krieg im Korruptionsindex von Transparency International nur 32 von 100 möglichen Punkten. Damit stand die Ukraine im internationalen Ranking auf dem vorletzten Platz in Europa. Nur Russland hatte noch schlechtere Werte.
Absolut unverzichtbar für den EU-Beitritt ist daher die Umsetzung des Anti-Oligarchengesetzes. Es soll die Kontakte von Beamt*innen mit ukrainischen Oligarchen offenlegen und so deren Einfluss verringern soll. Auch Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit und Minderheitenschutz müssen gesetzlich verankert und auch tatsächlich umgesetzt worden sein, bevor die Verhandlungen beginnen können. Einen festen Zeitplan gibt es für den Beitrittsprozess daher nicht.
Unterstützung und Zusammenarbeit sind unverzichtbar
Doch die Europäische Union wird während des Beitrittsprozesses an der Seite der neuen Kandidaten stehen: „Der Wiederaufbau des Landes, wirtschaftliche Entwicklung, sozialer Fortschritt und die Festigung von Demokratie und Rechtsstaat verdienen die größtmögliche finanzielle und technische Unterstützung. Alle Vorschläge, die die politische Zusammenarbeit der EU-Beitrittskandidaten mit der EU vertiefen, unterstütze ich“, stellt Jens Geier klar.